Ein ganz liebes, wenn auch sehr verspätetes „Hallo“ aus Ecuador,
es gibt nicht wirklich viel Neues zu berichten, denn unter der Woche unterrichte ich nach wie vor mit Theresa unsere fünf Mädchen am Vormittag und ab mittgas bin ich dann im Haus der Misionera Betty, um bei den Hausaufgaben zu helfen, mich um die zweijährige Carlita zu kümmern und am Abend beim Duschen, Abendessen und „ins Bett bringen“ zu helfen. Es gibt nur eine Veränderung, welche mit ein Grund dafür ist, dass ich mich diese Woche erst so spät melde: anfangs war mein Arbeitstag gegen 17.00 Uhr zu Ende. Inzwischen arbeite ich immer bis mindestens bis 19.00 Uhr und teilweise bis um 20.00 Uhr und gehe dann direkt von der Arbeit zum Abendessen. Somit habe ich abends einfach nicht mehr wirklich viel Zeit, um irgendetwas zu machen, sondern gehe meistens nach dem Abendessen direkt ins Bett.
Die Arbeit macht mir nach wie vor sehr viel Spaß und ich fühle mich wirklich überhaupt nicht mehr fremd, weil mich inzwischen alle Kinder sehr gut kennen und somit auch zu mir kommen, wenn sie eine Frage haben oder sie jemanden zum Reden brauchen.
Heute ist das erste Drittel meiner Zeit hier schon vorbei und ich kenne inzwischen sehr viele Hintergründe der Kinder. Eine Geschichte die mich sehr berührt hat, ist die von gerade der kleinen Carlita auf die ich jeden Tag aufpasse. Sie ist mit ihrem drei Jahre älteren Bruder vor fünf Monaten ins Kinderheim gekommen. Die beiden sind ohne Vater aufgewachsen und da die Mutter ihr Geld als Prostituierte verdient(e), musste Carlitos jeden Tag und oft auch in den Nächten auf Carlita aufpassen und hat sie somit auch aufgezogen. Als die beiden hierher gekommen sind waren sie unzertrennlich und Carlitos wollte anfangs nicht von Carlitas Seite weichen, um sich davon zu überzeugen, dass es ihr gut geht. Inzwischen ist die Misionera Betty wie eine Ersatzmutter für Carlita, aber am glücklichsten ist sie, wenn sie mit ihrem fünfjährigem Bruder Zeit verbringen kann. Bisher spricht sie noch nicht, außer „Mama“ und „Papa“ und wenn sie „Mama“ ruft, dann meint sie ihren Bruder, was zeigt, was für eine wichtige Rolle Carlitos für sie spielt. Leider lacht Carlita nicht wirklich oft, doch wenn sie ihren Bruder sieht, hört sich gar nicht mehr auf zu strahlen und zu lachen. Die Momente, wo man die beiden zusammen sieht, sind einige der Schönsten für mich hier, weil es einfach wunderschön ist die beiden so miteinander zu sehen.
Es gibt nach zwei Monaten aber auch Sachen, an die ich mich noch nicht gewöhnt habe, wie z.B., dass man sich duscht und wenn man sich dann das einshampoonierte Haar auswaschen will, es einfach kein Wasser mehr gibt, sondern erst Stunden später wieder. Ein anderes Beispiel ist, wenn man nach der Arbeit in sein Zimmer zurückkommt oder morgens aufsteht und dann an der Wand Geckos kleben und Eidechsen durchs Zimmer laufen und man sich fast schon wie in einem Zoo fühlt. Gehört hier aber glaube ich alles irgendwie dazu 😉
Morgen Abend werden Theresa und ich uns auf den Weg nach Baños machen und dort bis Donnerstag bleiben. Wir freuen uns schon sehr auf den Ausflug und ich versuche nächste Woche, sobald wir zurück sind, einen ausführlichen Blogeintrag über diese Zeit zu schreiben.
Viele liebe Grüße aus dem derzeit sehr kühlen Ecuador,
Anna Sophia